Big Data könnte bald bei der Polizeiarbeit und in der Kriminologie bei der Verbrechensbekämpfung helfen. Mit Predictive Policing werden Verbrechen vorhergesehen und präventive Maßnahmen möglich gemacht. Hollywood nahm sich dieses Themas längst an: In “Minority Report” werden Menschen verhaftet, die nur geplant haben, ein Verbrechen zu begehen. Die Fähigkeit, die Zukunft vorherzusehen, wird im Film natürlich kinowirksam inszeniert. Drei weibliche Geschöpfe werden mit Medikamenten in einen Zustand versetzt, der es ihnen ermöglicht Gewaltverbrechen vorherzusehen.
Im Prinzip wird hier aber eine bildliche Form für das gefunden, was sich mit Big Data erreichen lässt. Was im Film “Präkognition” heißt, entspricht in unserer Wirklichkeit der Methode der “Predictive Analytics”. Strukturen und Muster in Big Data werden dabei genutzt, um die Wahrscheinlichkeit von zukünftigen Ereignissen zu berechnen. Auch wenn die Vorhersagemethoden sich unterscheiden, so zeichnet der Film doch die Auswirkungen auf die Gesellschaft nach, wenn Verbrechen in Zukunft vorhergesagt werden können.
Daten statt Drogen: Big Data als Grundlage von Predictive Analytics
Anders als in “Minoritiy Report” bringen in der echten Welt nicht Drogen, sondern Daten beziehungsweise Muster in Daten die Einsichten über künftige Ereignisse. Ein erstes Pilotprojekt, das in Bayern gestartet wurde, brachte bereits erste Erfolge. Ganz unumstritten ist der Einsatz des Programms PRECOPS (= Pre Crime Observation Systems), obwohl immer mehr Bundesländer mit dem Einsatz der Software Liebäugeln. Doch nicht nur von Seiten des Datenschutzes kommt die Kritik, sondern auch staatsrechtliche und psychologische Gründe sprechen gegen einen Einsatz.
Profiling als Rasterfahndung 2.0 mit Nebenwirkungen
Daniel Guagnin von der TU Berlin erklärt im Video, warum das sogenannte Profiling, also die Nutzung von Data-Mining und Big Data in der Polizeiarbeit, auch Nebenwirkungen hat. Im großen Stil wird das Profiling in Deutschland zwar noch nicht angewendet, dennoch werden Daten erhoben und überregional geteilt. Gleichzeitig ist es für den Einzelnen schwer herauszubekommen, ob und welche Daten über ihn erhoben und gespeichert ist. Für Aktivisten und einfach nur politisch aktive Bürger, die sich öffentlich für ihre Belange einsetzen, könnte es immer schwerer werden, sich zu engagieren. Wessen Daten einmal erfasst seien, rücke vielleicht auch bei anderer Gelegenheit in Verdacht. Auch normale Vorgänge, wie die Anmeldung einer Demonstration, könnte unter gewissen Umständen schwierig werden oder ganz unterbleiben. Letzteres würde zu einer Schwächung von Bürgerengagement führen und damit der Demokratie schaden.
Die Tatsache, dass Daten von Menschen erhoben worden sein könnten, hat konkreten Einfluss auf ihr Verhalten. Ist sich jemand nicht sicher, ob möglicherweise verfängliche Informationen über ihn gespeichert sind, könnte im Extremfall lieber nichts tun, als sich eventuell gesetzeswidrig zu verhalten. Dabei zeigen Beispiele, dass es Fälle gibt, in denen der Bruch von Gesetzen sinnvoll ist. Das Verhalten von Rosa Parks, das es in die Schul- und Geschichtsbücher geschafft hat, ist eines davon. Indem sie sich weigerte, ihren Sitzplatz in einem öffentlichen Bus einem Weißen zu überlassen, führte letztlich dazu, dass die so genannten Jim-Crow-Gesetze abgeschafft wurden.
Die Vorteile von Predictive Policing in der Polizeiarbeit
Neben diesen Gegenargumenten bringt das Predictive Policing auch Vorteile mit sich. In den USA, Großbritannien und Teilen Italiens wird die neue Form der Polizeiarbeit bereits praktiziert. Die Auswertung von Statistiken und vielfältigen anderen Parametern wird dazu genutzt, Streifen gezielt einzusetzen. Diese müssen nicht mehr wie bislang mehr oder weniger ‘blind’ losfahren, sondern können genau in den Regionen unterwegs sein, wo Einbrüche oder Überfälle wahrscheinlich sind. Das spart nicht nur Zeit und Geld, sondern hilft auch dabei Täter schneller zu überführen.
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Einer der Erfolge von Predictive Policing: Einbrüche können um bis zu 30% reduziert werden. Erfolg oder Misserfolg des Einsatzes von Big Data in der Polizeiarbeit wird sich jedoch nicht nur an solchen Zahlen messen lassen. Vielmehr wird eine Wertedebatte darüber notwendig sein, wie eine Gesellschaft beschaffen sein soll, in der wir leben möchten. Das Beispiel von Rosa Parks zeigt, dass es durchaus Sinn macht, bestimmte Freiräume zu erhalten, die es im Einzelfall ermöglichen auch gegen Gesetze zu verstoßen und den Verstoß nicht vorab zu vereiteln.