Big Data ist der neue Produktionsfaktor für die Wirtschaft. Die Zwecke, die Big Data für Unternehmen haben können, sind vielfältiger denn je. Eine Übersicht über die 10 wichtigsten Einsatzszenarien.
In der klassischen ökonomischen Lehre gibt es bislang drei Produktionsfaktoren: (1) Kapital bzw. Betriebsmittel (2) Rohstoffe bzw. Werkstoffe und (3) Arbeitskraft bzw. Ausführung am Objekt. Im Zuge der umfassenden Digitalisierung aller Lebensbereiche muss dieser Reihe inzwischen ein vierter Produktionsfaktor hinzugefügt werden: die Daten bzw. Wissen. Es lässt sich kaum eine Branche benennen, für die es keine datenbasierten Lösungen gibt. Sei es in Industrie und Fertigung, bei Banken und Versicherungen, im Handel und Dienstleistungssektor oder in der Informations- und Kommunikationstechnik. So vielfältig die Einsatzorte sind, so unterschiedlich sind die Zwecke, für die Daten analysiert werden. Es gibt Big-Data-Projekte zur datenbasierten Planung, zur Einsparung von Kosten, zur Umsatzsteigerung, bei der Produktentwicklung, zur Produktivitätssteigerung oder bei der frühzeitigen Betrugserkennung.
In dieser Vielfalt liegt die große Chance für den Industriestandort Deutschland. Die Idee von der vernetzten Industrie 4.0 bzw. die Smart Factory liefern den Unternehmen die Daten, auf deren Grundlage sich Big-Data-Lösungen konzipieren und umsetzen lassen.
Obwohl jede einzelne Lösung sehr individuell ausfallen mag, lassen sich doch 10 Oberkategorien für Big-Data-Szenarien ausmachen.
1. Fraud-Detection
Eine Kernanwendung im Bereich Big-Data-Analyse ist die Aufdeckung von Betrugsfällen, auch Fraud-Detection genannt. Große Datenmengen bieten einen entscheidenden Vorteil auf diesem Gebiet. Je mehr Daten vorhanden sind, desto wahrscheinlicher lassen sich Muster erkennen und davon abweichende Verhaltensweisen identifizieren.
Im Fall von Kreditkartenbetrug geht es um enorme Summen, deren Verlust es zu verhindert geht. Dabei geht es nicht nur um das individuelle Bezahlverhalten und die davon abweichenden Geldbewegungen. Auch der Abgleich mit dem Verhalten von vergleichbaren Kreditkartennutzern und mit vorangegangenem Betrugsverhalten vereinfacht die Echtzeiterkennung.
2. Risikoabschätzung
Banken und Versicherungen machen Geschäfte mit der Zukunft. Sei es beim Abschluss von Kreditverträgen, bei der Spekulation mit Aktien und Wertpapieren oder beim Versprechen, bei einem künftigen Schadensfall zu helfen – all diesen Geschäften ist gemeinsam, dass sie in die Zukunft gerichtet sind. Da die Zukunft aber an sich hat, unsicher zu sein, gibt es nur zwei Möglichkeiten damit umzugehen.
Eine Möglichkeit ist, auf die Zukunft zu wetten und zu erraten, was passieren wird. Eine andere Methode, die den Vorzug hat viel sicherer zu sein, ist, sich Wissen von der Zukunft zu beschaffen. Mit komplexen Berechnungen und Algorithmen werden Vorhersagemodelle erstellt, um Risikomanagement bzw. Risiko-Controlling zu betreiben.
3. Management und Governance
Eine umfassende Auswertung von Geschäftsdaten hat automatisch einen ebenso umfassenden Überblick über alle betrieblichen Szenarien zur Folge. Mit prädikativen, also vorhersagenden Modellen, lassen sich daraus wahrscheinliche Entwicklungen für die Zukunft ableiten. Das ermöglicht eine datenbasierte Planung und schafft eine verlässliche Grundlage für Geschäftsentscheidungen.
Darüber hinaus wird die Transparenz von Abläufen innerhalb von Unternehmen gesteigert, sowie Zusammenhänge und Abhängigkeiten aufgezeigt. All diese Einsichten dienen zur Absicherung von weitreichenden Entscheidungen und führen zur effizienteren Unternehmensführung.
4. Marktforschung und Absatzprognosen
Eine genaue Kenntnis der Märkte in einer globalen Welt wird immer schwieriger. Hier kehrt sich das Verhältnis sogar um: Je mehr Informationen über die Märkte vorhanden sind, desto diversifizierter lassen sich Kundenwünsche beschreiben, Marktlücken erkennen oder das Verhalten der Konkurrenten am Markt beobachten. Durch den Einsatz von Big Data lassen sich nicht genutzte Potenziale identifizieren und realisieren.
Eine Besonderheit ist das Markt-Monitoring in Echtzeit. Dazu werden beispielsweise alle Nachrichten bei Twitter zu einer bestimmten Entwicklung auf dem Markt ausgewertet, um Absatzprognosen abzuleiten und Investitionen zu tätigen.
5. Marketing und Kundenorientierung
Die Vorteile von Big-Data-Lösungen im Bereich Kundenorientierung: Mithilfe von großen Datenbanken lassen sich nicht nur Wahrscheinlichkeiten von Verhaltensweisen ablesen. Vielmehr können individuelle Verhaltensmuster simuliert werden, um Erfolg und Misserfolg von Kampagnen im Vorfeld abzuschätzen. So kann das Ergebnis einer Simulation von 100 Millionen persönlichen Profilen noch während der Produktion berücksichtigt werden.
Diese Entwicklung hat zur Folge, das Marketing immer spezifischer und auch auf kleine Kundengruppen gezielt zugeschnitten wird.
6. Individualisierte Produktempfehlung
Der Klassiker unter den Big-Data-Anwendungsszenarien ist die individualisierte Produktempfehlung. Ein großer Teil des Erfolges von Google und Amazon beruht auf diesem Prinzip. Die Empfehlung von Produkten, die zu den individuellen Vorlieben der Kunden passen, stellt die Rückkehr des Tante-Emma-Prinzips in der digitalen Welt dar.
Die Königsdisziplin in dieser Kategorie stellt das frühzeitige Erkennen von abwandernden Kunden dar, um diese mit einem passenden Angebot weiter zu binden.
Dieser Prozess wird zum Teil durch individuelle Preisanpassungen und Rabatte unterstützt.
7. Produktentwicklung und -verbesserung
Die Entwicklung innovativer Produkte und die Verbesserungen bestehender Angebote sind zwei zentrale unternehmerische Antriebsfedern. Betriebliche Forschung und Produktentwicklung profitieren erheblich vom Einsatz von Big Data.
Die Daten aus der Nutzung bestehender Produkte liefern eine Grundlage für die Anpassung von Featuren oder bei der Neuentwicklung. Sensoren in den bereits im Einsatz befindlichen Geräten zeigen, welche Funktionen bevorzugt genutzt werden.
Alternativ kann die Auswertung von Social-Media-Daten neue Trends und die Wünsche der Kunden aufzeigen. Die Analyse von Forenbeiträgen, Postings oder Tweets kann beispielsweise die am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen bei einem Medikament ermitteln. Auf diese Weise lassen sich Produkte, in diesem Fall Medikamente, anpassen oder durch andere ersetzen.
8. M2M – Machine-to-Machine-Kommunikation
Bei der sogenannten Machine-to-Machine-Kommunikation erfassen Sensoren an Maschinen oder Produkten entlang von Produktions- und Lieferketten Daten. Diese Daten geben darüber Auskunft, wann sich ein Produkt oder Fertigungsteil an welcher Stelle im Prozess seiner Fertigung befindet.
Diese Informationen können direkt von anderen Maschinen ausgelesen und weiterverarbeitet werden. Durch die Automatisierung dieser Kommunikation können Kosten reduziert und die Produktivität gesteigert werden.
Die große Herausforderung in diesem Bereich ist die Harmonisierung aller Unternehmensbereiche, samt Partnerunternehmen und Zuliefererindustrie.
9. Vorausschauende Wartung und Logistik
Logistikunternehmen oder -abteilungen sind darauf angewiesen, dass ihre zur Verfügung stehende Flotte zum einen stets einsatzbereit und zum anderen ständig in Bewegung ist. Das bedeutet auch die Standzeiten, die Aufgrund von Wartung und Reparaturen zustande kommen soweit wie möglich zu reduzieren.
Die Auswertung von Daten aus unterschiedlichsten Quellen erlaubt diese Zeit so gering wie möglich zu halten. GPS-Daten, Daten zum Spritverbrauch und Reifenabnutzung, Motordaten und Fahrer-Feedback via Social Media geben einen genauen Überblick über den Zustand und Standort der Flotte.
10. Monitoring und Steuerung
Um den eigenen Energieverbrauch zu senken oder um die Produktivität zu erhöhe, lassen sich die Daten aus der Maschinenüberwachung auswerten. Diese liefern einen Überblick über Auslastung sowie Engpässe und Zuverlässigkeit. Anpassungen und Reaktionen auf Ereignisse lassen sich automatisieren.
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Die Smart Factory ist mit programmierbaren, vernetzten Thermostaten ausgestattet, verfügt über automatische Fahrzeuge und verwendet lernende Algorithmen.